Die Kleinunternehmerregelung nach § 19 UStG in Deutschland – wir räumen auf mit falschen Vorstellungen über „Klein-Unternehmen“

Schon mal gehört: „Ich habe ein Kleinunternehmen“ oder ich bin „Kleinunternehmer“? Das gibt es nicht. Es setzt sich im Sprachgebrauch etwas durch, das zu Missverständnissen führt. Hier wird erklärt, was es damit auf sich haben könnte.

Die Kleinunternehmerregelung nach § 19 Umsatzsteuergesetz (UStG) ist eine steuerliche Vereinfachung für Unternehmer mit geringen Umsätzen. Diese Regelung bietet kleinen Unternehmen und Selbstständigen die Möglichkeit, von der Umsatzsteuerpflicht befreit zu werden. Sie betrifft jedoch ausschließlich die Umsatzsteuer und hat keinen Einfluss auf andere Steuerarten wie Einkommensteuer oder Gewerbesteuer. Zudem stellt die Kleinunternehmerregelung keine eigene Rechtsform dar und hat keine Aussagekraft über die Einkommensteuerpflicht des Inhabers.

1. Abgrenzung der Kleinunternehmerregelung

Die Kleinunternehmerregelung richtet sich ausschließlich nach dem Umsatz und findet in verschiedenen Unternehmensformen Anwendung, von Einzelunternehmen bis hin zu GmbHs.

2. Voraussetzungen für die Anwendung der Kleinunternehmerregelung

Um von der Regelung zu profitieren, dürfen im Vorjahr die „umsatzsteuerpflichtigen“ Umsätze inklusive Umsatzsteuer die Grenze von 22.000 Euro nicht überschreiten, und die voraussichtlichen Umsätze im laufenden Jahr müssen unter 50.000 Euro liegen. So können Gründer und Unternehmen mit geringen Einnahmen eine Umsatzsteuerbefreiung in Anspruch nehmen, solange sie diese Grenzwerte einhalten.

3. Berechnung des Gesamtumsatzes

Zum Gesamtumsatz zählen alle vereinnahmten Umsätze eines Jahres, abzüglich der Einnahmen aus dem Verkauf von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens. Umsätze, die Umsatzsteuerbefreit sind, wie beispielsweise ärztliche Leistungen, Gebühr für Bildungsdienstleistung, Versicherungsprovisionen oder die Vermietung von Grundstücken, werden ebenfalls nicht zum Gesamtumsatz gerechnet. Unternehmen sollten beachten, dass steuerpflichtige Umsätze im Zusammenhang mit grenzüberschreitenden Lieferungen und innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäften eine besondere Behandlung erfahren.

4. Besonderheiten der Umsatzgrenzen im Gründungsjahr

Unternehmen, die während des Jahres gegründet werden, müssen ihren Umsatz auf die verbleibenden Monate umrechnen. Beispielsweise beträgt die Jahresumsatzgrenze für zehn Monate Geschäftstätigkeit 18.333 Euro. Überschreiten die Einnahmen diese Grenze, entfällt die Möglichkeit, die Kleinunternehmerregelung im Folgejahr anzuwenden.

5. Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung

Unternehmer können die Kleinunternehmerregelung aktiv ablehnen und die Regelbesteuerung wählen. Dieser Verzicht ist beim Finanzamt zu melden und bindet für fünf Kalenderjahre. Ein späterer Wechsel zurück zur Kleinunternehmerregelung ist möglich, sofern die Umsatzgrenzen eingehalten werden und das Finanzamt informiert wird.

Vorteilig kann das z.B. bei privaten Photovoltaikanlagen sein, damit die Vorsteuer der Investition abgezogen werden kann.

6. Auswirkungen und Folgen der Kleinunternehmerregelung

Die Kleinunternehmerregelung ermöglicht es, Rechnungen ohne Umsatzsteuer auszustellen. Dies kann für Geschäftskunden jedoch Nachteile mit sich bringen, da sie keine Vorsteuer aus den Rechnungen des Kleinunternehmers ziehen können. Zudem besteht für den Kleinunternehmer kein Recht auf Vorsteuerabzug für Eingangsrechnungen. Ein Vermerk auf den Rechnungen, z.B. „Kein Steuerausweis aufgrund der Anwendung der Kleinunternehmerregelung (§ 19 UStG)“, ist ratsam, aber nicht verpflichtend.

7. Häufige Fragen zur Kleinunternehmerregelung

Kann ich mehrere Unternehmen gründen und die Kleinunternehmerregelung anwenden?
Die Umsatzgrenzen gelten für alle gewerblichen Tätigkeiten des Unternehmers. Eine Mehrfachanwendung der Regelung ist daher ausgeschlossen.

Wann ist die Kleinunternehmerregelung sinnvoll?
Sie ist besonders attraktiv für Gründer mit geringen Investitionen oder B2C-Geschäfte, da sie den Verwaltungsaufwand reduziert und im B2C-Bereich einen 19% günstigeren Brutto-Preis ermöglicht.

Wann ist die Regelbesteuerung vorteilhafter?
Bei hohen Anfangsinvestitionen oder B2B-Geschäften ist die Regelbesteuerung sinnvoller, da der Vorsteuerabzug Kosten spart und den bürokratischen Aufwand im Ausland vereinfacht.

Muss ich eine Umsatzsteuererklärung abgeben?
Ab dem Steuerjahr 2024 ist die Umsatzsteuerjahreserklärung für Kleinunternehmer entfallen, es sei denn, das Finanzamt fordert sie explizit an wenn die Umsatzhöhe eine Pflicht zur Umsatzsteuer vermuten läßt.

Die Kleinunternehmerregelung bietet somit eine attraktive Option zur Entlastung von Umsatzsteuerpflichten, erfordert jedoch ein umsichtiges Management der Umsatzgrenzen. Unternehmen sollten die für sie passende Entscheidung unter Berücksichtigung ihres Geschäftsmodells und ihrer Kundenzielgruppe sorgfältig treffen.

8. Und ist das dann auch ein Kleingewerbe?

Ein Kleingewerbe ist ein Gewerbe, das von Einzelunternehmern oder Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR) betrieben wird und unter die erleichterten Regelungen des deutschen Handelsrechts fällt. Im Gegensatz zu einem „normalen“ Gewerbe (=Unternehmen) oder einer Kaufmannseigenschaft erfordert ein Kleingewerbe keine Eintragung ins Handelsregister und unterliegt auch weniger strengen kaufmännischen Pflichten. Kleingewerbetreibende müssen sich dennoch beim zuständigen Gewerbeamt anmelden, unterliegen aber bestimmten Vereinfachungen.

Merkmale eines Kleingewerbes:

  1. Rechtsstellung: Kleingewerbetreibende gelten rechtlich nicht als Kaufleute im Sinne des Handelsgesetzbuches (HGB), sondern folgen den Regelungen für Nicht-Kaufleute gemäß § 1 Abs. 2 HGB.
  2. Buchführungsvereinfachungen: Kleingewerbetreibende sind von der Pflicht zur doppelten Buchführung und Bilanzierung befreit. Stattdessen genügt eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) zur Ermittlung des Gewinns.
  3. Unternehmensform: Kleingewerbe ist keine eigene Unternehmensform. Es bezieht sich lediglich auf die gewerbliche Tätigkeit ohne Kaufmannseigenschaft und kann von Einzelunternehmen oder GbRs ausgeübt werden.
  4. Kein Handelsregistereintrag: Ein Kleingewerbe muss nicht im Handelsregister eingetragen werden, was Verwaltungsaufwand und Kosten reduziert.

Abgrenzung zur Kleinunternehmerregelung

Kleingewerbe und die Kleinunternehmerregelung nach § 19 UStG sind zwei unterschiedliche Konzepte:

  • Kleingewerbe beschreibt eine Tätigkeit ohne Kaufmannseigenschaft und hat nichts mit der Umsatzsteuer zu tun.
  • Die Kleinunternehmerregelung ist eine Option zur Umsatzsteuerbefreiung für Unternehmen mit geringen Umsätzen, unabhängig von der Rechtsform (kann also auch für GmbHs, Einzelunternehmen etc. gelten).

Vorteile des Kleingewerbes

  • Geringere bürokratische Anforderungen: Da keine Bilanzierung und kein Handelsregistereintrag erforderlich sind, ist der Verwaltungsaufwand geringer.
  • Kostenersparnis: Durch die Befreiung von kaufmännischen Pflichten entfallen bestimmte Kosten.
  • Einfache Besteuerung: Die steuerliche Gewinnermittlung erfolgt durch die einfache Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR), was den steuerlichen Aufwand verringert.

9. Fazit

Wenn ich selbstständige Einkünfte habe, weil ich anderen Menschen Rechnungen stelle, dann bin ich „UnternehmerIn“ oder „Selbstständige/r“. Es ist auch egal wie viele Stunden ich arbeite oder ob ich nebenher noch einen anderen Job mache z.B. als AngestellteR. Alle meine Gewinne unterliegen voll der Besteuerung und für das Finanzamt oder das Gewerbeamt ist der Umfang meiner Tätigkeit völlig egal. Das Recht im Rahmen dieser Tätigkeit Anschaffungen zu tätigen oder Mitarbeiter einzustellen ist davon auch nicht berührt.

Für Gründer gibt es Vereinfachungen in der Verwaltung durch Erleichterung der rechtlichen kaufmännischen Pflichten eines Unternehmers und auch bei der Verpflichtung zur Durchleitung der Umsatzsteuer an den Staat. Davon machen viele Gebrauch, es gibt aber keine Auskunft über die Seriösität, Kompetenz oder Qualität der Tätigkeit des Selbstständigen.

Bei Fragen buchen Sie sich gerne einen Beratungstermin bei uns und wir klären nochmals individuell auf damit Sie entscheiden können, welches die richtige Gründungsform für Sie ist.